Das feudale Jiu Jitsu, welches so noch in seiner heutigen Form unterrichtet wird, wurde im 17. Jahrhundert gänzlich entwickelt. Jiu Jitsu bedeutet im übertragenen Sinne „Siegen durch Nachgeben", da das Prinzip der Verteidigung auf das Ausnutzen der Kraft des Gegners beruht.
Die japanischen Samurai, eine Art mittelalterliche Ritter, entwickelten die Kampfkunst als Selbstverteidigung, wenn der Fall eingetreten war, sich ohne Waffen verteidigen zu müssen. Die Verteidigung erfolgte damals wie heute durch Energieaufnahme des Gegners, unter Zuhilfenahme von Schlag-, Stoß-, Tritt-, Wurf-, Hebel-, Würge- und Nervendrucktechniken, ohne den direkten Bezug zur Kraft herzustellen. Weiterhin wurde hier ein fundamentales Lebenskraftkonzept entwickelt, wodurch ein Jiu Jitsu Ausübender (jap.: JiuJitsuka) in der Lage war, seine Sinne zu schärfen, das Selbstbewusstsein zu stärken und eventuell anfallende Konflikte auch friedlich austragen zu können.
Das im PSV praktizierte Avilien Ryu (jap.: Schule / Stilrichtung) Jiu Jitsu (ARJJ), verbindet u.a. Elemente aus zwei sehr alten traditionellen Kampfkunstlinien (Takeda-Ryu und Shindo Yoshin Ryu) mit den neueren Formen des Chi-Ryu. Das Takeda Ryu, welches im 11. Jahrhundert n. Chr entstand, wurde Anfang der 1980'er Jahre durch Monika Werhahn-Mees (Enkelin von Konrad Adenauer) nach Europa gebracht. Werhahn-Mees war die erste Nicht-Japanerin, die als Budolehrerin vom japanischen Meister Toyoshima ausgezeichnet wurde und diesen Stil außerhalb Japans repräsentieren durfte. Das erste Dojo wurde in Arlon (Belgien) gegründet. Nach einem krankheitsbedingten Rückzug von Werhahn-Mees, zersplitterten sich sukzessive einige Vereine und bildeten eigene Verbände. Die "Verbandsmeierei" und "Besitzergreifung" nahm ihren Lauf. Shindo Yoshin Ryu übt durch die Anmut und den natürlichen Bewegungen einen großen Einfluss auf das ARJJ aus. Um 1850 n. Chr. entstanden, zeigt seine Waza (jap.:Technik) eine weiche, stark von Waffen beeinflusste Ausführung der Technik. Das Chi-Ryu, beeinflusst vom Daito-Ryu Aiki Jitsu und dem Hakko Ryu Aiki Jitsu, wurde ebenso Anfang der 1980'er Jahre durch Jhonny Bernaschewice entwickelt. Das Honbu Doju befindet sich in Hechtel-Eksel (Belgien). Sensei Ulf Kendzierski, 6.DAN Chi-Ryu Aiki Jitsu, erkannte das Zusammenlaufen der Linien in Belgien und verknüpfte diese zur "nachgiebigen, aber direkten Kunst". Elemente des Takeda Ryu, dem Shindo Yoshin Ryu und dem Chi-Ryu bildeten eine Symbiose. Der Name "Avilien Ryu", (frei übersetzt: Hart-Weich-Schule; Anagram aus den belgischen und französischen Dojos Arlon, Avignon, sowie den Wörtern "Ange" und "Diable" = Engel und Teufel) fand erstmals Verwendung und basiert auf vier tradierte japanische Prinzipien:
1.) Muchiken - kurze, ansatzlose Techniken, welche "geschnappt" werden
2.) Koshi no kaiten - Hüftrotation (eine der am stärksten entwickelten menschlichen Kräfte)
3.) Tai no shinshuku - "Den Körper setzen und strecken" (die zweite am stärksten entwickelte, menschliche Kraft)
4.) Ken Shin Tai Sanmi Ittai - "Körper, Geist und Schwert sind eins"
Die Kunst des ARJJ zielt auch nicht nur darauf ab den Körper sensorisch zu schulen, sondern versucht den Übenden das Wachsen und Begreifen des Selbst zu veranschaulichen. Innerhalb der Bewegungsformen der Kunst werden verschiedene Aspekte der körperlichen Bewegungsmatrix aufgearbeitet und variiert. So kann die Kunst an unterschiedliche Gegner bzw. Bedingungen angepasst werden. Der entscheidende Vorteil besteht hier in der Vielfältigkeit, da auch muskuläre Dysbalancen oder körperliche Differenzen durch verschiedene Techniken ausgeglichen werden können. Jiu Jitsu schafft es, durch Nachgeben bzw. Ausnutzen der Kraft des Gegners, die geringsten körperlichen Ressourcen zu mobilisieren.
Nach motorischen Gesichtspunkten schult Jiu Jitsu also die Koordination, sorgt durch das gezielte Training für eine gute Herz-Kreislauffunktion, stärkt die intra-muskuläre Koordination und die Kraft- bzw. Kraftausdauer, stärkt und gestaltet den Bewegungsapparat gezielt und macht ihn flexibler. Ein damit wichtiges Kriterium für menschliches Wohlbefinden ist die daraus resultierende, aufrechte, aber flexible Körperhaltung, der sichere und feste Stand, sowie das bessere Fühlen des Gleichgewichtes. Die kognitiven und affektiven Elemente des Spürens der persönlichen Grenzen und des daraus resultierenden Selbsterkennens, fördert über den Übungszeitraum sukzessive die Steigerung des Körperbewusstseins, die Achtsamkeit und das Selbstwertgefühl.
Trainingsort: Johannesstraße 14a